Für den häufig zitierten ß-Zerfall von Tritium, das in einen Ge-Kristall implantiert wird, liegt der BEFS-Effekt in der Größenordnung, die 1985 die Spekulationen um das 17 keV-Neutrino auslöste. Die Oszillationsstruktur wird in dem für die Suche nach diesem Neutrino wichtigen Energiebereich 0.6-1.6 keV vom Beitrag des nächsten Ge-Atoms dominiert und nimmt einen maximalen Wert von ca. 0.5% an. Keine Rolle spielt BEFS dagegen in Experimenten, die höherenergetische ß-Quellen (wie z.B. 35S) verwenden.
Auch wenn der von Koonin angeführte Prozeß wahrscheinlich nicht alle Anomalien in den ß-Spektren wird erklären können - wegen seiner beachtlichen Größenordnung dürfte er zumindest im Tritium-Zerfall für die Suche nach schweren Neutrinos von Bedeutung sein und die Interpretation dieser Experimente stark beeinflussen. Um die Meßdaten zu korrigieren, wird man deshalb in Zukunft nicht nur apparativen Einflüssen Beachtung schenken müssen, sondern auch der chemischen Natur und der Temperatur der ß-Quelle.
Doch auch über den Aspekt der Suche nach schweren Neutrinos hinaus dürfte sich die BEFS-Methode als sehr nützlich erweisen. Mögliche Anwendungen reichen von der Untersuchung lokaler atomarer Strukturen, wo Form und Größe der Oszillationen Informationen über interatomare Abstände und Anordnungen von Atomen liefern, bis hin zum Studium spezifischer, radioaktiv markierter Stellen in großen Molekülen. Der im Gegensatz zu anderen Techniken geringe apparative Aufwand könnte BEFS somit möglicherweise schon bald zu einer etablierten Methode der Strukturforschung machen.
[1] Lahmer, W., Phys. Bl. 47 (1991) Nr. 6, 530
[2] Hime, A. and Jelley, N. A., Phys. Lett. B257 (1991) 441
[3] Sur, B. et al, Phys. Rev. Lett. 66 (1991) 2444
[4] Koonin, S. E., Nature Vol. 354 (1991) 468