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Berlin-Adlershof: Auf dem Weg zu einer "Integrierten Technologielandschaft"
Physikalische Blätter 48 (1992), Nr. 4, S. 295
Betritt man den einst größten naturwissenschaftlich-technischen Forschungsstandort der ehemaligen Akademie der Wissenschaften (AdW) in Berlin-Adlershof, so sind die dort eingeleiteten Bau- und Renovierungsmaßnahmen äußeres Zeichen eines inneren Neubeginns. Mit Unterstützung des Berliner Senats soll hier in den nächsten Jahren eine Technologielandschaft europäischer Dimension entstehen. Zur Neustrukturierung des Standortes hatten IHK, KAI-AdW und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin (WFB) bereits im März letzten Jahres ein 10-Punkte-Programm vorgelegt, das neben außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie Forschungs- und Lehreinrichtungen der Hochschulen die Ansiedelung zukunftsorientierter Technologien vorsieht.
Für die Realisierung des Gesamtkonzepts zeichnet die "Entwicklungsgesellschaft Adlershof" (EGA) verantwortlich, eine durch den Berliner Senat finanzierte Tochtergesellschaft der WFB. Aufgabe der EGA ist die Koordinierung aller erforderlichen Initiativen sowie die Führung des neugebildeten Standortmanagements. Das "Innovations- und Gründungszentrum" (IGZ) ist für die Neugründung technologieorientierter Firmen zuständig, denen man in der Aufbauphase beratend und unterstützend zur Seite stehen will. Den Aufgaben der infrastrukturellen Versorgung, die erst kurz vor Weihnachten sichergestellt werden konnte, widmet sich die "Gewerbesiedlungsgesellschaft" (GSG). Eine eher beratende Funktion übt dagegen die "Gesellschaft zur Förderung der naturwissenschaftlich-technischen Forschung in Berlin-Adlershof e.V." (GNF) aus, der etwa 50 Wissenschaftler angehören. Dieser unabhängige Förderverein soll Empfehlungen zu Entwicklungen und Technologien aussprechen, die sich für die Zukunft des Standortes als vorteilhaft erweisen nten. Darüber hinaus soll er das in Adlershof angesiedelte Forschungsspektrum in der Öffentlichkeit bekannt machen und Interessenten aus der Industrie für Forschungsaufträge gewinnen.
Bei der Neugestaltung des Standortes wird eine Nutzung der vorhandenen Forschungspotentiale in Verknüpfung mit der An-sieedelung technologieorientierter Wirtschaftsunternehmen angestrebt. Im Gegensatz zum Bereich Chemie ist die künftige Struktur der physikalisch orientierten Forschung dabei schon recht deutlich zu erkennen. Auf der Basis der WR-Empfehlungen vollzieht sich unter Trägerschaft der Max-Planck-Gesellschaft, der Fraunhofer Gesellschaft, der Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen und weiterer Institutionen gegenwärtig der Aufbau neuer wissenschaftlicher Einrichtungen. Diese sind zum Teil aus positiv bewerteten früheren Instituten wie dem Zentralinstitut für Optik und Spektroskopie (ZOS), dem Zentralinstitut für Elektronenphysik (ZIE) sowie dem Heinrich-Herz-Institut hervorgegangen. Zu den bedeutendsten Neugründungen gehören das Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (INOK), das Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik, das Institut für Kosmosforschung (IKF)die Institute für Planetare Fernerkundung und Weltraumsensorik der DLR, sowie eine Außenstelle des Instituts für atmosphärische Umweltforschung der FhG. Auch die Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) wird durch größere Außenstellen vertreten sein. Wissenschaftlich kaum evaluieren ließ sich hingegen das Zentrum für Wissenschaftlichen Gerätebau (ZWG), mit einst ca. 700 Mitarbeitern eine der größten Einrichtungen in Adlershof. Mit der Entwicklung und Fertigung von Geräten und Anlagen erfüllte das ZWG Aufgaben, die im marktwirtschaftlichen System fast ausschließlich von privatfinanzierten FuE-Abteilungen wahrgenommen werden. Deshalb verwundert es nicht, daß als wissenschaftliche Nachfolgeeinrichtung lediglich das kleine "Technikum für Kristallzüchtung" aus diesem Bereich hervorgegangen ist.