Wegen Erfolgs verlängert: KAI - Die Entwicklung einer Abwicklungsgesellschaft - Werner Lahmer

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Wegen Erfolgs verlängert: KAI - Die Entwicklung einer Abwicklungsgesellschaft

BERUF > Qualifikationen

ZURÜCK

Wegen Erfolgs verlängert: KAI
Die Entwicklung einer Abwicklungsgesellschaft

Physikalische Blätter 48 (1992), Nr.1, S. 37

Mit dem 31.12.1991 endete die Übergangsfinanzierung der ehemaligen Akademie der Wissenschaften (AdW), die Beschäftigungsverhältnisse der AdW-Mitarbeiter liefen aus. Eine wichtige Rolle beim Übergang in die neustrukturierte Wissenschaftslandschaft spielte die "Koordinierungs- und Abwicklungsgesellschaft für die Institute und Einrichtungen der ehemaligen AdW der DDR" (KAI-AdW). Der folgende Beitrag beschreibt die von dieser Einrichtung im Übergangsjahr 1991 bewältigten Probleme und die Aufgaben der seit dem 1.1.1992 arbeitenden Nachfolgeorganisation.

Nachdem die Forschungslandschaft der ehemaligen DDR zunächst registriert, anschließend evaluiert und zwischenzeitlich konserviert wurde, begannen die Gründungskomitees für die neuen Einrichtungen zu arbeiten, liefen die Ausschreibungen und fielen Entscheidungen. Daß die grundlegenden Veränderungen mit ihren erheblichen Strukturbrüchen und enormen Arbeitsplatzwirkungen relativ kontinuierlich verliefen, ist nicht zuletzt der Arbeit der KAI-AdW zu verdanken, die über 70 Institutionen der früheren AdW bis zum Jahresende organisatorisch und finanziell über Wasser hielt. Die KAI-AdW war zwischenzeitlicher Arbeitgeber von rund 20.000 Menschen und hatte - ebenfalls befristet bis zum 31.12.1991 - vielfältige Aufgaben wahrzunehmen, die mit dem Übergang der AdW-Einrichtungen in die Zuständigkeit der Länder zusammenhingen. Diese Aufgaben wurden zu allgemeiner Zufriedenheit und ohne große Skandale erledigt. Und das trotz der Tatsache, daß die KAI-AdW nicht nur eine Einrichtung für die neuen Bundesländer war, sondern zu 90 Prozent mit Mitarbeitern aus diesen Ländern arbeitete, die sehr schnell in ihre Aufgaben hineinwuchsen.

"Die KAI verstand es auch als ihre Aufgabe, den negativ belasteten Begriff "Abwicklung" in einem positiven Sinne zu entwickeln", entgegnen H. Grübel, Geschäftsführer der KAI, und sein Assistent J. Krüger auf die Frage nach den Aufgaben der "Abwicklungsgesellschaft" KAI-AdW. "Wir haben so gut wie nicht abgewickelt, sondern unsere Aufgabe dahingehend verstanden, vorhandene Potentiale zu erhalten und in die neuen Strukturen zu überführen". Nicht Dichtmachen oder Auflösen sei die Devise gewesen, sondern Umbau, Erneuerung und Einpassung. So wurde mit dem von der KAI verwalteten Übergangshaushalt von ca. 950 Mio DM nicht bloßer Strukturerhalt betrieben, sondern die Umorientierung und der Neuaufbau von Institutionen gestützt und vorbereitet.

Diese eigentliche Aufgabe der KAI-AdW erwies sich aber schon bald als zuwenig für die Sicherung des Weges in die Zukunft. Neue Instrumente mußten geschaffen, Initiativen ergriffen werden. Im Verlauf des letzten Jahres konnte der Personalbestand der AdW kontinuierlich von ca. 19.500 Beschäftigten im Januar auf ca. 15.800 im November verringert werden, wodurch sich die Lage im Hinblick auf den 31. Dezember erheblich entspannte. Etwa 11.000 ehemalige AdW-Mitarbeiter werden in die neuen institutionellen Forschungseinrichtungen übernommen - viel mehr, als vor der Evaluierung angenommen.

Eine besondere Rolle bei der Arbeit der KAI hat die Erschließung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) für den Forschungsbereich gespielt (vgl. Phys. Bl. Oktober 1991, S. 930), durch die der Neugestaltungsprozeß ein wichtiges zusätzliches Instrument erhielt. Aufgrund fehlender Träger zunächst in die Rolle eines Trägers für Forschungs-ABM hineingedrängt, wurden Ende November bereits 225 Projekte für insgesamt 1075 Mitarbeiter von der KAI selbst betreut. "ABM in der Forschung" ist mittlerweile ein akzeptiertes Instrument des Übergangs geworden, durch das voraussichtlich etwa 2000 Mitarbeiter qualifizierte Weiterbeschäftigung erhalten werden. Und dies trotz anfänglicher Unentschlossenheit und Vorbehalten seitens der Wissenschaftler, die sich erst nach Abschluß der Evaluierung in großer Zahl entschlossen, auf den "ABM-Zug" aufzuspringen. Die Antragszahlen entwickelten sich explosionsartig, auch nach den durch die Bundesanstalt für Arbeit beschlossenen, drastisch verschlechterten Konditionen ("Franke-Erlaß" vom 9.1991). Durch Initiativen der neuen Länder und die unkonventionelle Bereitschaft des BMFT, Projektmittel als Ausgleich für die Kürzungen der Personal- und Sachmittel bereitzustellen, konnten die ABM-Projekte zwar gerettet werden, doch erwiesen sich besonders die Kontingentierungen der Bewilligungen als äußerst hinderlich. Diese werden von einigen Arbeitsämtern bis heute nicht flexibel genug gehandhabt. So stauten sich Ende November gegenüber 150 bewilligten ABM-Projekten 650 Anträge bei den Arbeitsämtern. Darunter einige, die bereits im Juli eingereicht worden waren. Neben einer Verstetigung der Konditionen seitens der Bundesanstalt für Arbeit drang die KAI deshalb auf eine schnellere Bewilligung der Forschungs-ABM durch die Arbeitsämter.

Ein weitere Arbeitsschwerpunkt war das Wissenschaftler-Integrations-Programm (WIP), das der KAI-AdW zur Durchführung übertragen wurde und dessen Ziel die Stärkung der Hochschulforschung durch Rückführung von rund 2.000 geeigneten AdW-Wissenschaftlern an die Universitäten ist. Für dieses Programm, dessen Auswahl- und Antragsverfahren von der KAI binnen eines halben Jahres organisiert werden mußte, stehen 1992/93 jeweils 200 Mio DM zur Verfügung. Zwar wurde die WIP-Förderung von den Akademiebeschäftigten angenommen, doch können die Ziele des Programms nach Meinung der KAI nur erreicht werden, wenn die viel zu kurze Laufzeit von zwei Jahren wieder aufgehoben wird.

Die Attraktivität des WIP für die Hochschulen zu erhöhen, wird deshalb eine der Aufgaben der KAI-e.V. ("Koordinierungs- und Aufbauinitiative für die Forschung in den neuen Bundesländern e.V.") sein, der von den Ländern mit Unterstützung des BMFT aus der Taufe gehobenen Nachfolgeorganisation der KAI-AdW. Das Kürzel ist geblieben, doch die Hinterlegung ist deutlich optimistischer geworden. Nicht nur für den Fall einer Verlängerung der Tätigkeit über den satzungsgemäßen Auflösungstermin 31.12.1993 hinaus hofft man, den Geruch des Abwicklers endgültig abzustreifen und der Erneuerung von Wissenschaft und Forschung richtungsweisende Impulse zu geben. Durch öffentliche Mittel finanziert wird KAI-e.V. als Arbeitgeber der WIP-Beschäftigten fungieren und Wissenschaftler in technischen, finanziellen und personellen Belangen betreuen.

Darüberhinaus wird man im Rahmen der Restabwicklung von Einrichtungen ohne direkte Organisationsnachfolge wichtige Aufgaben wahrnehmen. Einen hohen Stellenwert wird auch die befristete Übernahme treuhänderischer Aufgaben im Wissenschafts- und Forschungsbereich einnehmen, die der KAI-e.V. von den neuen Ländern übertragen werden sollen. Die Erhaltung zentraler und für die volle Arbeitsfähigkeit von WIP-Fördergruppen und ABM-Beschäftigten notwendiger Einrichtungen wie Bibliotheken und Rechenzentren wird ebenso zum Aufgabenkatalog gehören wie die Ausarbeitung von Programmen für ältere Wissenschaftler.

Zu den umfangreichen Serviceleistungen wird auch weiterhin die Unterstützung von ABM im Forschungsbereich durch Beratung und Übernahme von Trägerschaften gehören. "Da wir nicht als Arbeitgeber für Tausende von ABM-Beschäftigten auftreten wollen, apellieren wir jedoch an die Verantwortung der alten und neuen Einrichtungen zur Zusammenarbeit und Solidarität", äußert sich Grübel zu der Herausforderung, für die vielen ABM-Beschäftigten fachlich qualifizierte Träger zu finden. Außerdem könne die Zielstellung von ABM nur erreicht werden, wenn die Maßnahmen möglichst frühzeitig im neuen Jahr zur Verfügung stünden.

Trotz der bisherigen Erfolge, die zum Teil nicht zuletzt wegen des oft beklagten Termindrucks "31.12.1991" möglich waren, zeichnen sich also bereits neue Probleme ab. So konnte ein Teil der für die neuen Institutionen vorgesehenen Mitarbeiter nicht wie geplant bereits am 1. Januar die Arbeit aufnehmen. Durchaus legitime und verständliche Mehrfachbewerbungen haben Lücken geschaffen, die durch andere Kandidaten aufgefüllt werden müssen. Dies führt zu Verzögerungen und zu Schwierigkeiten bis hinunter zu Unterbringungs- und Raumverteilungsfragen. Dennoch ist man zuversichtlich, daß sich bereits in der zweiten Jahreshälfte ein wesentlich freundlicheres Bild bieten wird, da die neugeschaffenen Einrichtungen eine gewisse Eigendynamik entwickeln werden und wohl auch den meisten ABM-Anträgen bis dahin stattgegeben sein wird.

 
 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü